Handwerk und Handarbeit
Der handwerkliche Unterricht steht immer in unmittelbarem Bezug zur Lebenspraxis. In de Unter- und Mittelstufe finden für die ganze Klasse praxisbezogene Epochen statt. In der Hausbauepoche der 3. Klasse lernen die Kinder durch Begegnungen mit Fachleuten und durch eigenes Arbeiten die verschiedenen Handwerksberufe kennen und bauen gemeinsam ein echtes kleines Haus, das dann auf den Spielflächen genutzt werden kann. In der Ackerbauepoche pflügen und eggen die Kinder das Feld im Schulgarten, bevor sie aussäen. Mit Freude wird beobachtet, wie das Getreide über die Monate heranwächst. Nach der Ernte wird gedroschen und gemahlen. In der 5. und 6. Klasse erweitert sich schließlich der Kanon der handwerklichen Fächer mit Werken und Gartenbau. Die Kinder erfahren in diesem Alter einen gewissen inneren Umbruch in ihrem bislang noch ganzheitlichen, harmonischen Welterleben. Handwerkliche Tätigkeit kann dazu beitragen, dass dieser Prozess weniger chaotisch verläuft und pädagogisch gestaltet wird.
Die Holzarbeit verlangt mit dem Sägen, Hobeln, Schnitzen oder Raspeln bereits völlig unterschiedliche Handhabungen der entsprechenden Werkzeuge, Techniken und Zielsetzungen. Die Kinder erfahren dabei ihre eigenen handwerklichen Möglichkeiten, aber auch ihre Grenzen. Bei den zunächst einfachen Gegenständen, etwa einem Löffel, ist Ziel des Arbeitens die Nützlichkeit oder Brauchbarkeit dieses Gegenstandes. Wird in der Oberstufe dann ein ganzes Möbelstück hergestellt, etwa ein dreibeiniger Hocker oder eine Kiste mit Deckel, muss der Jugendliche einen umfangreichen Arbeitsprozess vorausplanen können. Das erfordert praktischen Verstand und verbindet den differenzierten Umgang mit Werkzeug und Material mit der eigenen ästhetischen Gestaltungsfähigkeit. Vergleichbares geschieht in der Metallbearbeitung. Die Heilbronner Freie Waldorfschule hat neben zwei Holzwerkräumen auch eine vollwertige Schmiedewerkstatt.
In der handwerklichen Tätigkeit, im Schulgarten, in der Holzwerkstatt, in der Schmiede, beim Stricken, Korbflechten und Buchbinden lernen die Schülerinnen und Schüler genaues, sachbezogenes Arbeiten und üben sich in der Ausdifferenzierung verschiedenster praktischer Fähigkeiten. Dies dient einer weitblickenden pädagogischen Zielsetzung: zum vollen Menschsein gehört nicht nur ein umfassendes Weltinteresse, sondern auch die Fähigkeit zur konkreten Lebensgestaltung.